Spiritualität ist ein Thema, das wirklich nie langweilig wird. Ich hatte die „Encyclopedia of Mystics, Saints & Sages“ von Judika Illes gefunden, blättere sie durch und sehe plötzlich Ho Chi Minh. Was macht der denn da?
Ein wenig Kontext: Ich bin in der ehemaligen DDR groß geworden, Vietnam war eines der sozialistischen Bruderländer und meine erste Schule war nach ihm benannt.
Nun ist der Witz an der Sache natürlich, dass im Sozialismus Religion in jeder Form als Opium fürs Volk gilt. Das macht es so verblüffend: Ein sozialistischer Revolutionär, der im Leben mit all diesen Dingen nichts am Hut hatte, wird nach seinem Tod zum Volksheiligen "Onkel Ho", dessen Spirit offenbar sehr aktiv ist.
Es gibt viele solcher Ahnen, die von der „anderen Seite“ aus für ihre Nachfahren arbeiten. Es gibt auch nur im Katholizismus den Brauch offizielle Heilige zu benennen. Alle anderen großen und kleinen Religionen dieser Welt vertrauen darauf, dass ihre Heiligen von Natur aus heilig sind.
Denn was macht sie aus? Sie helfen, sie sind FürsprecherInnen „weiter oben“ und vor allem: Sie bewirken etwas.
Als ich meinem Mann von der unverhofften Begegnung mit Ho Chi Minh in einem Buch über aktive Ahnen (denn nichts anderes sind Heilige) erzähle, fragt er, ob sich dann nicht jede/r einfach so zum Volksheiligen erklären kann.
Mir kommt dabei eine Geschichte in den Sinn, die ich von einer Italienerin gehört habe. Wenn ich mich richtig erinnere war es in Neapel. Dort gab es eine Frau, Signora Teresa, die großen Erfolg mit ihrer spirituellen Arbeit hatte. Ihr Spezialität: Gute Ehemänner.
Als sie in den 1960ern starb, wurde ihre Gabe schmerzlich vermisst. Also gingen Frauen, die einen guten Mann suchten, zu ihrem Grab und trugen dort ihre Bitten vor. Und es ging weiter! Sie fanden gute Ehemänner und brachten als Dank ihre Brautsträuße und andere kleine Geschenke ans Grab der Signora.
Nach allem, was ich gehört habe, wird sie heute noch von Italienerinnen (auch solchen, die über die ganze Welt verstreut leben) gebeten, ihnen zu helfen den richtigen Mann zu finden.
Und das ist der Kern der Sache. Zum Schluss muss eine wirksame Kraft sichtbar werden. Es muss wirklich etwas passieren. Volksmagie ist bodenständig. Esoterische Höhenflüge und hinterher keine greifbaren Ergebnisse? Das kann man vielleicht mit modernen westlichen Leuten machen, die sich an nichts mehr erinnern.
Im Rest der Welt gilt: So läuft das nicht! Heilige:r ist ein ganz klar ein Job und nichts, auf dem man sich huldvoll ausruhen kann - humorvoll ausgedrückt. 😄
Übrigens gibt es nicht nur menschliche Heilige. Die japanische Glückskatze Maneki Neko, die bei uns als Winkekatze bekannt ist, gehört ebenfalls in diese Kategorie.
Es gibt viele regionale Legenden zu ihr. Mal rettete sie einem Wanderer das Leben, der unter einem Baum vor einem Gewitter Schutz gesucht hatte. Sie schien ihm zuzuwinken, er ging neugierig auf sie zu und wurde dadurch nicht vom Blitz getroffen, der in den Baum einschlug. In einer anderen Sage war ein Fischhändler schon länger krank und in großen finanziellen Schwierigkeiten, als plötzlich eine Katze auftauchte. Er hatte ihr immer mal etwas Fisch gegeben, nun kam sie mit einer Goldmünze im Maul zu ihm und rettete damit seinen Laden.
Da gibt es auch noch Großmütter und Geishas und viele Geschichten mehr, in denen die Katze als Retterin auftaucht. Sie alle haben in Maneki Neko als glücksbringender Katze zusammengefunden.
Das sind nur drei Beispiele unter unendlich vielen. Die "alten magischen Zeiten" haben nie aufgehört - wir leben immer noch mittendrin, zum Glück!